

4. Stadtgrün sozial verträglich und gesundheitsförderlich entwickeln
4. Stadtgrün sozial verträglich und gesundheitsförderlich entwickeln
[Entwurf, Stand: 24.11.2016]
Öffentliche Grün- und Freiflächen haben eine hohe Bedeutung für die tägliche Naherholung, soziale Begegnung sowie für die Quartiersidentität. Jedoch sind diese Flächen ungleichmäßig in den Städten und Gemeinden verteilt: Innerstädtische Quartiere mit einer dichten Blockrandbebauung und sozial benachteiligte Stadtteile verfügen seltener über qualitativ hochwertige, ausreichend große und einladende Grün- und Freiflächen. Gerade in diesen verdichteten Stadträumen ist der Bedarf an öffentlich zugänglichen Grünräumen aber – auch aufgrund des geringen Anteils an privaten Gärten und Freiflächen – besonders hoch. Deshalb sollte bei der weiteren baulichen Entwicklung dieser Quartiere auf eine ausreichende und qualitätsvolle Begrünung, eine barrierefreie Erschließung, grüne Wegeverbindungen und gute, möglichst fußläufige Erreichbarkeit und Vernetzung der Grünräume geachtet werden. Damit wird die Forderung der Leipzig Charta zur Stärkung benachteiligter Stadtquartiere sichtbar umgesetzt.
4. Stadtgrün sozial verträglich und gesundheitsförderlich entwickeln
In der Städtebauförderung die Bedeutung des Ansatzes von Umweltgerechtigkeit durch Stadtgrün stärken
Im Rahmen der Städtebauförderung des Bundes und der Länder werden bereits Maßnahmen im Bereich Grün- und Freiflächenentwicklung gefördert. Ziel ist es, den Zugang zu Stadtgrün zu erleichtern und im Sinne sozialer Gerechtigkeit für alle Nutzergruppen anzustreben. Voraussetzungen dafür sind in der Verwaltungsvereinbarung zur Städtebauförderung 2015 bereits getroffen worden. Im Rahmen der Städtebauförderung können Fördermittel für Investitionen in städtebauliche Maßnahmen zur Gestaltung von Grün- und Freiflächen eingesetzt werden. Im Programm „Soziale Stadt“ können im Sinne der Umweltgerechtigkeit auch städtebauliche Investitionen zur Verringerung von Umweltbelastungen gefördert werden (Artikel 4 der Verwaltungsvereinbarung: „Umweltgerechtigkeit erhöhen“). Dies kann beispielsweise die Gestaltung von Stadtgrün beinhalten, um die sozialen und gesundheitlichen Wirkungen für die Bewohnerinnen und Bewohner zu unterstützen. Der Bund wird die Länder zur Umsetzung der Maßnahmen ermutigen. Gute Beispiele aus der Praxis stellt die Broschüre „Umweltgerechtigkeit in der Sozialen Stadt“ vor.
4. Stadtgrün sozial verträglich und gesundheitsförderlich entwickeln
Gerechte sozialräumliche Verteilung von Grün sicherstellen
Städtische Park- und Grünanlagen leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und zur Förderung der Gesundheit der Menschen. Sie sind Erlebnis-, Begegnungs-, Bewegungs- und Erholungsorte. Sozial benachteiligte Stadtteile weisen derzeit häufig eine schlechtere Versorgung mit Grünflächen auf. Der Bund wird sich dafür einsetzen, dass unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes bis zum Jahr 2020 die Durchgrünung der Siedlungen einschließlich des wohnumfeldnahen Grüns deutlich erhöht, die Grünflächenversorgung in sozial benachteiligten Wohngebieten gestärkt und diese möglichst an den gesamtstädtischen Durchschnitt angeglichen wird. Mit einem „Instrumentenkasten Umweltgerechtigkeit für Kommunen“ wird der Bund die Kommunen dabei unterstützen, Gebiete zu identifizieren, die neben einem niedrigen Versorgungsgrad mit Grün gleichzeitig einen niedrigen Sozialindex aufweisen. Er soll eine Handlungsanleitung für ein sozialräumliches und gesundheitsbezogenes Umweltmonitoring enthalten. Ziel ist es, den Bedarf für grünordnerische Verbesserungsmaßnahmen präziser einschätzen und Prioritäten bei Investitionen in Grün setzen zu können.
4. Stadtgrün sozial verträglich und gesundheitsförderlich entwickeln
Öffentliche Grünräume sicherer gestalten
Wichtige Voraussetzung für die Nutzung öffentlicher Grün- und Freiräume durch breite Bevölkerungsgruppen sind Sicherheit und die Vermittlung eines ausreichenden Sicherheitsempfindens. Dies umfasst viele Aspekte wie Verkehrssicherheitspflichten von Bäumen, die Sicherheit von Spielgeräten sowie Oberflächenbeläge auf Wegen. Für das Sicherheitsempfinden ist ein guter Pflegezustand der Grünräume zentral. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Schutz vor Kriminalität. Maßnahmen zur städtebaulichen Kriminalprävention wie zum Beispiel eine präventive Gestaltung von Grünräumen, Verkehrsflächen und Erholungsflächen oder besondere Beleuchtungs- und Gestaltungskonzepte können verdeckte Räume oder Angsträume beseitigen, das Sicherheitsgefühl erheblich verbessern und die Nutzbarkeit der Räume intensivieren. Die Bewohnerinnen und Bewohner sollten bei der Planung bereits beteiligt werden. Voraussetzung für eine auch langfristig hohe Aufenthaltsqualität sind auch ein guter Pflegezustand und Sauberkeit der Anlagen. Anregungen für kriminalpräventive Maßnahmen in der Stadtplanung bieten verschiedene Länder in Zusammenarbeit mit der Polizei. Investive und investitionsvorbereitende Maßnahmen können durch die Städtebauförderung unterstützt werden.
4. Stadtgrün sozial verträglich und gesundheitsförderlich entwickeln
Barrierefreiheit in Außenräumen herstellen
Das Leitbild der Behindertenrechtskonvention ist „Inklusion“. Deshalb ist es Ziel, dass öffentliche Grün- und Freiräume für alle uneingeschränkt zugänglich und nutzbar sind. Aufbauend auf dem 2014 herausgegebenen „Leitfaden Barrierefreies Bauen“ wird der Bund bundesweit gültige Festlegungen für Anforderungen an die barrierefreie Gestaltung von Außenräumen entwickeln. Der Bund wird prüfen, inwieweit auf Grundlage des § 8 Absatz 5 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) Anforderungen zur barrierefreien Gestaltung von zu sanierenden oder neu zu gestaltenden Grünanlagen ergänzt werden können.
Die Förderprogramme „IKK-Barrierearme Stadt“ und „IKU-Barrierearme Stadt“ der KfW unterstützen Kommunen beziehungsweise kommunale Unternehmen und soziale Organisationen bei der Reduzierung oder Beseitigung von Barrieren sowie zum alters- und familiengerechten Umbau der kommunalen und sozialen Infrastruktur. Im öffentlichen Raum ist unter anderem auch die Umgestaltung von Park- und Grünanlagen förderfähig.
Bei allen Maßnahmen sollte gewährleistet sein, dass es keine Einbußen in Bezug auf die Barrierefreiheit geben wird. Dies geht mit den Zielen des Bündnisses für Bezahlbares Wohnen und Bauen einher, in dem quartiersbezogene Demografie-Konzepte empfohlen werden, um bestehende Programme zur Förderung einer barrierearmen Stadt zu ergänzen.
4. Stadtgrün sozial verträglich und gesundheitsförderlich entwickeln
Das Potenzial urbaner Gärten nutzen
Urbane Gärten stellen eine große Ressource an städtischen Grünräumen dar und haben insgesamt hohe gemeinnützige, soziale und ökologische Funktionen. Neben den klassischen Kleingartenanlagen entstehen seit einigen Jahren vielerorts Gemeinschaftsgärten. Viele der Gärten sind bereits jetzt als halböffentliche Räume auch für die Allgemeinheit zugänglich. Zukünftig sollten die Gärten stärker mit Grünflächen vernetzt oder in diese integriert werden. Für von strukturellem Leerstand betroffene Kleingartenanlagen sind neue Nutzungskonzepte erforderlich. So entstehen derzeit erste Kleingartenparks. Ungenutzte Parzellen werden für eine halböffentliche Nutzung beispielsweise als Quartiersgärten, Schulgärten oder für Imker qualifiziert. Das Modell Kleingartenpark wird der Bund im Rahmen von Modellvorhaben im Experimentellen Wohnungs- und Städtebau untersuchen und gute Beispiele für die Praxis kommunizieren. Kleingartenanlagen sind rechtlich über das Bundeskleingartengesetz geschützt. Bei Gemeinschaftsgärten empfiehlt der Bund den Kommunen, mit Flächeneigentümern und Nutzern Absprachen zur Nutzungsdauer zu treffen. Der Handlungsleitfaden „Gemeinschaftsgärten im Quartier“ bietet Anregungen und Empfehlungen für Kommunen, wie sie die Rahmenbedingungen für Gemeinschaftsgärten verbessern können.
Zudem wird der Bund Kleingärten und Gemeinschaftsgärten in ihrer ökologischen Funktion stärken und sich für eine naturnahe Bewirtschaftung und die Bewahrung der Kulturpflanzenvielfalt einsetzen. Dafür wird der Bund einen Dialogprozess mit den Interessenvertretern der Kleingärtner und der Gemeinschaftsgärtner sowie den zuständigen Fachämtern in den Kommunen anstoßen, sofern dies einer wirtschaftlichen Verwertung anstaltseigener Flächen nicht entgegensteht.
4. Stadtgrün sozial verträglich und gesundheitsförderlich entwickeln
Umwelt- und Bewusstseinsbildung für das Stadtgrün verbessern
Das Bewusstsein für die Bedeutung grüner und nachhaltiger Städte muss geschärft werden. Hierzu haben unter anderem das Grünbuch Stadtgrün und der Stadtbericht von ‚Naturkapital Deutschland – TEEB DE‘ wichtige Beiträge geleistet. Darüber hinaus beteiligt sich die Bundesregierung an dem fünfjährigen UNESCO-Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung. Ziel ist es, nachhaltiges Denken und Handeln in allen Bereichen des Bildungssystems fest zu verankern. Der Bund wird die Umwelt- und Bewusstseinsbildung durch strategische Allianzen ergänzen. Beispiele sind die Entwicklung pädagogischer Konzepte der Naturerfahrung in Schulen oder die Vermittlung des Artenreichtums und der biologischen Vielfalt in der Stadt. Um den Zugang von Kindern und Jugendlichen zur Stadtnatur zu verbessern, unterstützt der Bund die konzeptionelle Weiterentwicklung des Konzeptes der Naturerfahrungsräume. Der Bund beabsichtigt, Naturerfahrungsräume als neue Grünflächenkategorie in das Baugesetzbuch aufzunehmen. Ziel ist es, langfristig Umwelt- und Bewusstseinsbildung als Aufgaben in allen Feldern des bundespolitischen Handelns zu verankern.
4. Stadtgrün sozial verträglich und gesundheitsförderlich entwickeln
Allianz für „Stadtgrün und Gesundheit“ knüpfen
Die gesundheitsfördernden Wirkungen von städtischem Grün sind erheblich. Deshalb strebt der Bund mit dem Gesundheitssektor eine „Allianz Stadtgrün und Gesundheit“ an. Erfahrungen etwa aus skandinavischen Ländern liefern hierfür wertvolle Hinweise. Über Pilotprojekte soll gezeigt werden, wie die gesundheitsfördernden Wirkungen von Grünflächen in Programme und Strategien der Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsförderung einfließen können und wie diese ökonomisch zu bewerten sind. So bieten öffentliche Grün- und Freiräume bei entsprechender Ausstattung und Unterhaltung gerade in benachteiligten Stadtteilen bedeutende gesundheitsfördernde Infrastrukturen, die verstärkt für präventive, gesundheits- und teilhabeförderliche Maßnahmen und Projekte genutzt werden können. Beispielsweise regen Mehrgenerationenspielplätze oder Bewegungsparcours alle Altersgruppen zu Bewegung an.
4. Stadtgrün sozial verträglich und gesundheitsförderlich entwickeln
Bundespolitischer Handlungsansatz:
Urbanes Grün für mehr Umweltgerechtigkeit qualifizieren
Der Bund wird
- - sich dafür einsetzen, dass alle Bürgerinnen und Bürger in fußläufiger Entfernung zu ihren Wohnungen Zugang zu barrierefreien bzw. -armen und sicheren Grün- und Freiflächen haben
- - urbane Gärten in ihrer gemeinnützigen, sozialen und ökologischen Funktion stärken
- - die Umwelt- und Bewusstseinsbildung sowie die positiven Effekte von Stadtgrün für die Gesundheit stärken
- - ...